Eine Wanderung der völlig anderen Art. Nach herrlichen Natur- und auch Schneeerlebnissen im Taunus war es wohl notwendig einmal einen Kontrapunkt zu setzen, dachten sich zumindest Micha und ich. Was lag also näher, einmal die nähere Umgebung zu erkunden, die vor allem im Frankfurter Westen von riesigen Industrieanlagen geprägt ist, die optisch eine ganz besondere Ästhetik verströmen und so durchaus ihre besonderen Reize haben
Also gesagt und getan. Nach der Arbeit haben wir uns in Frankfurt-Sindlingen getroffen (das sogar direkt an meinem Nachhauseweg vom Büro am Frankfurter Flughafen liegt) und sind am Main entlang durch die nächtliche Ofenhessen-Landschaft ins nahe gelegen Okriftel marschiert, haben die Dunkelheit und die einsetzende Kälte genossen und als Höhepunkt zum Abschluss der Wanderung die monströsen Industrieanlagen der ehemaligen Hoechst AG (heute Industriepark Höchst) bei Nacht betrachtet. dafür habe ich eigens meine Spiegelreflex-Kamera sowie das Stativ mitgeschleppt. Na ja, ich muss zu meiner Schande gestehen, das Stativ hat der Micha die ganze Zeit geschleppt, weil das ausladende Ding besser in seinen größeren Rucksack passte. Dafür dir nochmal vielen Dank Micha!
Der Weg war, anders als gewohnt, durch harten Asphalt geprägt, was deutlich mehr auf die Knochen geht als weiche Waldwege im Taunus, oder anderswo im Wald. Dafür gab es dieses Mal keine Steigungen. Aber dafür gab ungewohnte aber durchaus faszinierende optische Eindrücke und herrliche Kälte um den Gefrierpunkt, vielleicht sogar drunter. Eine Wanderung geprägt durch heilige Atemfahnen, zum einen die von uns und die der Industrieanlagen ... und zum Schluss hatten wir beide durch das Hantieren mit Fotoapparat und Handy ganz kalte Finger.
Die Route führte dieses Mal durch recht ungewohntes Terrain, war mit rund 11,7 km aber angemessen lang. Dafür gab es keine Steigungen, auch wenn das Diagramm durchaus eindrucksvoll erscheint. Es spielte sich aber alles innerhalb von 17 Metern ab. ^^
Am Beginn der Wanderung am Ortsausgang von Frankfurt-Sindlingen. Es ist noch nicht ganz dunkel aber die Laternen erhellen bereits die Szenerie. Über die Brücke im Bildhintergrund führt übrigens die B40, mein täglicher Weg zur Arbeit. (c) Eisgott
Auf dem Weg am Main entlang, bot sich dieser schöne Blick auf die katholische Kirche von Kelsterbach, das sich auf der südlichen Mainseite befindet. Der Main ist sozusagen die Demarkationslinie, die das nördlich gelegene ofenhessische Vorland von der eigentlichen Kernschmelzregion abgrenzt. ;-) Selbstredend halte ich mich freiwillig nur sehr ungern südlich des Mains aus lol
In Okriftel angekommen, fotografierte ich dieses Wohnhochhaus. Diese erleuchteten Wohnwaben haben ihren eigenen Charme, gerade in dieser kalten Farbgebung. Die menschliche Existenz scheint auf einzelne, kalte Lichtpunkte reduziert zu sein. Aus einer anderen Perspektive, in einem deutlich wärmeren Farbton aufgenommen, hat man fast den Eindruck, dass das Haus wie nach einem Bombenangriff brennt ... und der eine Balkon hebt sich durch die blaue Beleuchtung von der Einheit ab. Im dritten Bild sieht man die Außenfassade einer stillgelegten Fabrik, deren Fassade in dem weißen LED Licht fast bedrohlich massiv wirkt.
In Okriftel machte Micha dann dieses Foto. Es erinnert ihn an nächtliche Spaziergänge in seiner Kindheit, eitergelbe Funzeln, seine Lieblingslaternen ;-) (c) Eisgott
Der Rückweg nach Sindlingen in der Dunkelheit war vergleichsweise unspektakulär, von der schönen Kälte im Feld und unseren Atemfahnen abgesehen. In Sindlingen angekommen, gingen wir auf die eingangs erwähnte B40 Mainbrücke, um noch ein paar Bilder der Industrieanlagen zu machen.
Dieses Bild hat Micha mit dem Handy aus der Hand geschossen. dafür ist es verdammt gut geworden und zeigt eine schöne Übersicht des Industriemolochs. (c) Eisgott
Weitere Eindrücke der Szenerie, die mit meiner Kamera gemacht wurden.
Und zum Abschluss noch zwei Langzeitbelichtung-Spielereien des Verkehrs auf der B40. ^^
----------------- "I've always been mad, I know I've been mad, like the most of us...very hard to explain why you're mad, even if you're not mad..." (Pink Floyd)
Unsere "Resetwanderung" nach unzähligen Natur- und Burgeneindrücken. Hätte ich mir auch nicht träumen lassen, dass ich sowas mal machen würde lol Aber es hatte seinen Reiz und seinen Sinn. Es macht für mich den Eindruck, dass das entschleunigte Erkunden, auch "Wandern" genannt, sich selbst mit zunehmender Erfahrung erweitert und man überall wandert und ent-deckt.
Auch die subjektiven Assoziationen waren somit gänzlich unterschiedlich zu den Naturwanderungen. Manchmal erinnerte mich das Ganze an meine hässliche Geburtstadt Hamm im Ruhrpott, mal an Zeitungen austragen in Münster in Armutsvierteln, mal an die eigene Kindheit und Stefan ebenfalls sogar viel direkter an die eigene Kindheit.
Letzten Endes sieht ein Historiker, wenn er einen Schalter im Kopf umlegt, auch die Gegenwartsepoche, in der wir leben aus einer Vergangenheitsperspektive. In etwa so, wie es wäre, wenn man in der Zukunft lebte und mit einer Zeitmaschine zurückreist und aussteigt, um den "Geschmack" dieser Zeit in dieser Region zu kosten. Und Zeiten ändern sich sehr schnell und sehr grundlegend, dass im Grunde jede Epoche auf uns wie ein anderer Planet wirken würde, wenn wir in die Vergangenheit reisen könnten. Da machen sich Laien oft sehr falsche, romantisierte Vorstellungen ... Insofern war diese Wanderung eine solche empirische Vergangenheitserfahrung, auch wenn es sich um die Gegenwart handelt, die aber letztlich zwangsläufig, von uns unbemerkt, schleichend in die Vergangenheit überwechselt. Man kann so etwas sicher nicht dauernd hintereinander wandern, aber als bewusste Abwechslung war es genau die richtige Wanderung zum richtigen Zeitpunkt.
Ach ja von wegen Schlepperei in Sachen Stativ: Geschenkt ^^ War zusätzliches Rückentraining. Und jetzt haben wir ja mein 500g-Stativ für die nächsten Touren ;-)
--------- "In der Einsamkeit frisst der Einsame sich selbst auf, in der Vielsamkeit fressen ihn die vielen. Nun wähle." (Friedrich Nietzsche)
Ganz genau. Natürlich sind das für mich Kindheitserinnerungen pur gewesen, denn diese Gegend hat zu meinem Leben schon immer dazu gehört. Wie oft sind wir früher zum Einkaufen nach Höchst gefahren und mein Vater hat in der "Farbwerke" wie man damals sagte gearbeitet. Auch der Kontrast dieser Industrielandschaft zum nur einen Steinwurf entfernten Taunus ist sehr faszinierend. Klar, hat sich auch vieles geändert. So stehen im Werk viele der alten Industriegebäude aus der Gründerzeit nicht mehr, es gibt die vielen Schornsteine nicht mehr aus denen es früher immer lustige in allen möglichen Farben rauchte ;-) Aber am gravierendsten ist aber wohl der nicht mehr vorhandene Geruch der Farbwerke, der früher omnipräsent war. Jeder aus der Gegend hätte damals auch mit verbunden Augen sofort gewusst, wo er war ... ;-) Ja und sogar der Main stinkt nicht mehr. ^^
Auch diese Sinneseindrück, die durch das langsame Wandern ja immer sehr intensiv sind, gehören dazu und mit dem richtigen Blick kann man auch bei so einer Gegend sehr viele positive Eindrücke gewinnen. Ich gehe sogar so weit, dass sogar die ein oder andere Wanderung, die ich bei Brüllsonne gemacht habe, ihren Sinn hatten, weil man auch dadurch die Heiligkeit von richtig gutem Wetter (in unserem Sinn natürlich) viel mehr zu schätzen lernt. Außerdem ist es die Realität und ich bin nicht so der Freund von Realitätsflucht. ;-) Nur die Tempsmüssen halbwegs passen, das ist klar.
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Zitat von Regenwetter im Beitrag #3Ganz genau. Natürlich sind das für mich Kindheitserinnerungen pur gewesen, denn diese Gegend hat zu meinem Leben schon immer dazu gehört. Wie oft sind wir früher zum Einkaufen nach Höchst gefahren und mein Vater hat in der "Farbwerke" wie man damals sagte gearbeitet. Auch der Kontrast dieser Industrielandschaft zum nur einen Steinwurf entfernten Taunus ist sehr faszinierend. Klar, hat sich auch vieles geändert. So stehen im Werk viele der alten Industriegebäude aus der Gründerzeit nicht mehr, es gibt die vielen Schornsteine nicht mehr aus denen es früher immer lustige in allen möglichen Farben rauchte ;-) Aber am gravierendsten ist aber wohl der nicht mehr vorhandene Geruch der Farbwerke, der früher omnipräsent war. Jeder aus der Gegend hätte damals auch mit verbunden Augen sofort gewusst, wo er war ... ;-) Ja und sogar der Main stinkt nicht mehr. ^^
Auch diese Sinneseindrück, die durch das langsame Wandern ja immer sehr intensiv sind, gehören dazu und mit dem richtigen Blick kann man auch bei so einer Gegend sehr viele positive Eindrücke gewinnen. Ich gehe sogar so weit, dass sogar die ein oder andere Wanderung, die ich bei Brüllsonne gemacht habe, ihren Sinn hatten, weil man auch dadurch die Heiligkeit von richtig gutem Wetter (in unserem Sinn natürlich) viel mehr zu schätzen lernt. Außerdem ist es die Realität und ich bin nicht so der Freund von Realitätsflucht. ;-) Nur die Tempsmüssen halbwegs passen, das ist klar.
Ich bin schockiert, Stefan. Zutiefst schockiert ;-) Mit Willen kann man natürlich die gelbe Pest überstehen, klar. Und im dichten Wald haben die Lichtspiele, wenn man nicht geblendet wird, durchaus ihren oberflächlichen Reiz. Da ich durchaus manchmal zu Extremen neige, würde mich glatt mal eine 30 Grad-Wanderung in der Brüllsonne rein theoretisch reizen, in einer passenden Wüstengegend. Das dabei enstehende Ausmaß an Wut, Zynismusbombardement und Fluchen wird man nie mehr wieder toppen können. Ein solcher Bericht würde vermutlich in einem Atemzug genannt werden mit dem Malleus Maleficarum, zumindest von Sofeten lol
--------- "In der Einsamkeit frisst der Einsame sich selbst auf, in der Vielsamkeit fressen ihn die vielen. Nun wähle." (Friedrich Nietzsche)
Hahahaha ... Na ja, Schatten muss schon sein. Ich erinnere mich an die Wanderung im Westerwald in dieser Dingens-Schlucht. Schatten durch Wald und Sonnenuntergang. Die Wanderung im Jammertal, viel Schatten durch Tal, dann am Wispersee oder die Wanderung an der Talsperre in Thüringen. So geht das grad noch. Man soll es auch ned übertreiben lol
----------------- "I've always been mad, I know I've been mad, like the most of us...very hard to explain why you're mad, even if you're not mad..." (Pink Floyd)
Zitat von Regenwetter im Beitrag #5Hahahaha ... Na ja, Schatten muss schon sein. Ich erinnere mich an die Wanderung im Westerwald in dieser Dingens-Schlucht. Schatten durch Wald und Sonnenuntergang. Die Wanderung im Jammertal, viel Schatten durch Tal, dann am Wispersee oder die Wanderung an der Talsperre in Thüringen. So geht das grad noch. Man soll es auch ned übertreiben lol
Mal sehen. Das wär wohl dann ungefähr so beim Wandern (man tausche "Commies" durch "Sofeten", "Sonne", "Hitze", "Blauhimmel", "Schönwetter" etc. etc. pp. ^^):
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Wirklich mal was ganz anderes, nach den idyllischen Wanderungen irgendwo im Nirgendwo.^^ Für mich sind Großstädte eine fremde Welt. In meiner Kindheit war 2-3 mal im Jahr einkaufen in Aschaffenburg angesagt, nur in Würzburg waren wir häufiger, weil wir dort Verwandte haben. Und Frankfurt ist für mich heute noch wie ein Ort auf einem anderen Planeten. Die Bilder sind gut geworden, auch das Foto, das Michael mit dem Handy gemacht hat. Ich sollte doch noch mal einen Versuch wagen, evtl. bei einer Vollmondwanderung, Bilder zu machen. Bisher hats nicht so geklappt.
"Es gibt für den Menschen keine Freiheit, solange seine Angst vor dem Tod nicht überwunden ist." Albert Einstein
Hehe, an diesen Störfall, als in Höchst und Umgebung alles gelb war erinnere ich mich noch ... Ist aber alles ned so schlimm. Ein Kumpel von mir wohnt mitsamt der Familie direkt neben der Farbwerke ... und die beiden Ommas sind 96 und 98 Jahre alt geworden ... ^^
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Zitat von Lossoth im Beitrag #8Wirklich mal was ganz anderes, nach den idyllischen Wanderungen irgendwo im Nirgendwo.^^ Für mich sind Großstädte eine fremde Welt. In meiner Kindheit war 2-3 mal im Jahr einkaufen in Aschaffenburg angesagt, nur in Würzburg waren wir häufiger, weil wir dort Verwandte haben. Und Frankfurt ist für mich heute noch wie ein Ort auf einem anderen Planeten. Die Bilder sind gut geworden, auch das Foto, das Michael mit dem Handy gemacht hat. Ich sollte doch noch mal einen Versuch wagen, evtl. bei einer Vollmondwanderung, Bilder zu machen. Bisher hats nicht so geklappt.
Also Frankfurt hat schon seinen ganz besonderen Reiz. Auf der einen Seite zwar Großstadt mit einer durchaus beeindruckenden Skyline hat es sich aber dennoch irgendwie einen beinahe dörflichen Charakter bewahrt. Man kann das irgendwie schlecht beschreiben, man muss es erlebt haben. ^^ Ich war auch schon länger nicht mehr in Frankfurt und als ich letztens gegen 22:00 Uhr mal wieder quer durch die Stadt gefahren bin, habe ich das wieder fest gestellt. Abends geht es in Frankfurt eh, ab 21:00 Uhr werden dort die Bürgersteige hochgeklappt, da ist irgendwie ned mehr viel los.
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Zitat von Lossoth im Beitrag #8Wirklich mal was ganz anderes, nach den idyllischen Wanderungen irgendwo im Nirgendwo.^^ Für mich sind Großstädte eine fremde Welt. In meiner Kindheit war 2-3 mal im Jahr einkaufen in Aschaffenburg angesagt, nur in Würzburg waren wir häufiger, weil wir dort Verwandte haben. Und Frankfurt ist für mich heute noch wie ein Ort auf einem anderen Planeten. Die Bilder sind gut geworden, auch das Foto, das Michael mit dem Handy gemacht hat. Ich sollte doch noch mal einen Versuch wagen, evtl. bei einer Vollmondwanderung, Bilder zu machen. Bisher hats nicht so geklappt.
Also Frankfurt hat schon seinen ganz besonderen Reiz. Auf der einen Seite zwar Großstadt mit einer durchaus beeindruckenden Skyline hat es sich aber dennoch irgendwie einen beinahe dörflichen Charakter bewahrt. Man kann das irgendwie schlecht beschreiben, man muss es erlebt haben. ^^ Ich war auch schon länger nicht mehr in Frankfurt und als ich letztens gegen 22:00 Uhr mal wieder quer durch die Stadt gefahren bin, habe ich das wieder fest gestellt. Abends geht es in Frankfurt eh, ab 21:00 Uhr werden dort die Bürgersteige hochgeklappt, da ist irgendwie ned mehr viel los.
Ich bin zwar in Städten groß geworden, konnte mit ihnen aber nie so richtig was anfangen. Erst als ich begriffen hatte, dass meine idealistische Vorstellung von Dorf nicht deckungsgleich mit Heidi-Filmen war, sondern eher eine Art Inzestswingerclub mit Degenerationswettbewerben darstellte, habe ich Städte und deren Anonymität schätze gelernt ;-) Nun ja, sagen wir mal unsatirisch so: Frankfurt habe ich einige Jahre im Job kennengelernt und ich bin immer noch begeistert. Das Charisma dieser Stadt ist wahrlich einmalig. Ich könnte mir heute sogar vorstellen dort zu leben wenn nicht das Klima wäre und ich andere Pläne hätte. Wie man es auch sieht: Alles hat Vor- und Nachteile, so eben auch bei Stadt und Dorf.
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