Es ist Samstag, keine Arbeit ruft, also rein in die Gummistiefel und ab in den Spessart. Nachdem ich noch ein paar Besorgungen machen musste, fahre ich (heute alleine) Richtung Hobbach und durch das schon bekannte Wintersbach nach Dammbach. Eigentlich ist mein Ziel nicht Schollbrunn. Doch kaum habe ich Dammbach hinter mir gelassen und es geht etwas steiler bergauf, erscheint mein heutiger Sechser im Lotto. Hat es in Dammbach noch geregnet, geht hier der Regen über in Schnee. (Mir wird schon wieder ganz andächtig ums Herz, wenn ich nur das Wort schreibe.)
Ich biege ab Richtung Marktheidenfeld/Wertheim. Plötzlich kommt mir ein Gedanke: die Gegend hier liegt schon recht hoch, wer weiß wie es dort aussieht, wo ich eigentlich geplant hatte zu laufen. Egal die Strecke läuft mir ja nicht weg. Kurzentschlossen biege ich ab Richtung Wertheim/Schollbrunn. Ich glaube hier irgendwo muss ein Wanderparkplatz sein, wenn ich mich recht erinnere. Nach ein paar hundert Metern sehe ich das Parkplatzschild.
Nachdem ich mich in meine Wanderkluft geworfen habe laufe ich zu der dort aufgestellten Wanderkarte. Alles Rundwanderwege und man kann sich während des Laufens entscheiden, ob man die längere oder die kürzere Wegstrecke nimmt. Super, das passt. Ich laufe los.
Im Schnee sind Fußspuren zu sehen, aha da war jemand schneller. Na ja so früh am Tag ist es auch nicht mehr. Es ist 10.50 Uhr. Und dieser jemand hatte offensichtlich auch eine "künstlerische Ader" wie das Bild unschwer erkennen lässt. Ich mache ein Foto und laufe weiter.
Aber offensichtlich hat das Kunstwerk den Wanderer zu sehr beansprucht und er hat seine Tour abgebrochen, denn von dieser Stelle an, sind keine Fußspuren mehr zu sehen. Alles jungfräulicher Schnee und keine Menschenseele unterwegs. Das Wetter ist ein Traum. Nicht nur weiße Pracht, nein es ist auch noch neblig. Hier im Wald stehen wunderschöne, riesige Bäume.
Am Wegesrand taucht ein Holzschild auf, das den Wanderer darauf hinweist, dass dieser Teil des Waldes bereits seit 1928 unter Naturschutz steht. Das erklärt natürlich Alter und Schönheit der Bäume.
Der Weg führt jetzt recht steil bergab.
Unten ein Schild "Mordgrund".
Aha also doch. Räubergebiet. Meine Gedanken überschlagen sich. Wie viele Gulden befinden sich in meinem Beutel?. Andere Wertsachen trage ich glücklicherweise nicht am Leibe. Es wird noch nebliger. Still! Höre ich da nicht das Rascheln von Blättern? Knackt hinter mir nicht ein Ast? Schaudernd drehe ich mich um....
Doch nein, meine Phantasie ist mit mir durch gegangen.
Es geht nun nochmals sehr steil nach unten. Teilweise wird es ganz schön rutschig. Ich glaube es passiert eher, dass ich auf meinem Allerwertesten lande, als dass mich Räuber überfallen.^^ Unten angekommen endet der Wald. Links von mir ein kleiner Weiher.
Ich halte mich rechts und laufe jetzt ein Stück an Wiesen entlang. Hier ist schon deutlich weniger Schnee. Nach ca. 1 km geht's wieder in den Wald und stetig bergauf. Und mit jedem Meter nimmt auch wieder der Schnee zu. Immer noch keine Menschenseele zu sehen. Ich fühle mich, als wäre ich in einer ganz eigenen Welt, nur der Wald, die Tiere und ich.
Nach etwa 3 Stunden bin ich wieder am Parkplatz. Dieser Tag war ein unerwartetes Geschenk, das mich noch lange begleiten wird. Mit diesem Gedanken und der Aussicht auf eine riesige Portion Nudeln fahre ich nach Hause.
Es gibt Tage, da treffen sich Wetter, Klima, Schicksal und Wunder für die Seele. Es freut mich, dass es dich als Beschenkte so getroffen hat. Die Bilder sind zum Niederknien. Ich habe Schnee im Wald bewusst glaube ich seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt, da ich ja mit dem Wandern erst im März 2018 angefangen habe. Ich denke mal, irgendwann in den 1990er Jahren war ich mal in NRW in einem Wald und habe das weniger geplant als vielmehr zufällig erlebt.
Durch deine Bilder kommt da die Begeisterung wieder aus der tiefsten Erinnerung zurück. Wobei sich bei mir eine Verschiebung feststellen lässt. Schnee ist bei mir gar nicht mehr das Heiligtum. Es ist eher wie eine Art Mittel zum Zweck. Nämlich als Mittel, um die Landschaft zu verschönern, indem alles in Weiß getaucht wird und das "Häßliche" verdeckt wird. Im Wald wirkt die Atmosphäre einzigartig, aber ich finde vor allem die Kombination aus heiligem Nebel und Schnee perfekt. Die Bilder des Winterwalds sind so gänzlich anders als alle anderen Jahreszeiten, dass es einem die Beine wegzieht und man niederkniet, zumindest in Gedanken.
Insofern eine absolute Premiumwanderung und die immer selteneren Geschenke ausgenutzt wie ich es ja auch immer predige ;-) Wir hatten heute hier übrigens zu viel Sonne, teilweise Regen und 10 Grad ... aber da ich krank bin derzeit halte ich mich mit Wanderungen zurück. Die Liste der Ziele ist aber lang und das Jahr ebenso ;-) Und es ist sogar nun ein Spessarturlaub im Herbst im Bereich Kirchzell festgemacht. So einige verstehen, dass man in unserer Epoche die Natur, die seltenen Wetterkostbarkeiten genießen und ausnutzen muss und sich so seine Energie in einer an allen Fronten zusammenbrechenden Welt erhält. Das und die Erinnerungen kann einem niemand mehr nehmen.
Danke fürs Teilen dieser Winterwanderwunder! Beim Lesen deines Berichts ist mir dann noch eine Frage eingefallen: Welche Bereiche des Spessarts sind eigentlich bekannt als Schneegebiete? Der Spessart ist ja lächerlich niedrig, sodass hier wohl wie bei deinem Gebiet heute bei Wertheim/Rohrbrunn (wo ich ja auch schon in der Nähe war: https://schattenwanderer.info/germanisch...erung-spessart/) Details entscheiden. Kennst du da schneebegünstigte Regionen des Spessarts? Das käme definitiv auf meine Liste.
--------- "In der Einsamkeit frisst der Einsame sich selbst auf, in der Vielsamkeit fressen ihn die vielen. Nun wähle." (Friedrich Nietzsche)
Da wünsche ich dir gute Besserung und dass du bald wieder fit bist für weitere Wanderungen.
Stimmt der Spessart gibt was Höhe betrifft wenig her. Schneebegünstigte Gebiete würde ich sagen auf alle Fälle Rohrbrunn (da schneit es noch häufiger), Bischbrunn mit dem Geiersberg, Heinrichsthal, Jakobsthal, die Geishöhe, evtl. Rothenbuch.
Der gestrige Tag war eine Überraschung und ein Geschenk. Schnee ist zwischenzeitlich auch bei uns eine Seltenheit und wenn es wirklich mal schneit, lasse ich alles stehen und liegen. Aber ich bin schon froh, wenn wir genügend Regen haben. Nach dem schrecklichen und langen Sommer bin ich dankbar für die letzten Wochen. Und hoffe, dass noch viele Wanderungen folgen werden.
"Es gibt für den Menschen keine Freiheit, solange seine Angst vor dem Tod nicht überwunden ist." Albert Einstein
Danke dir, sieht schon gut aus, dass es mich morgen vermutlich wieder in die Wanderferne zieht, entweder Taunus oder naher Spessart Richtung Alzenau. ^^
Danke dir auch für die Angaben, hab ich mir gleich mal abgespeichert. Über Meteoblue (das in Sachen Tempsprognose ganz schön schwächelt im Winter!) kann man wunderbar zu jeder Region Deutschlands Webcams bekommen, sodass man sehen kann, was einen erwartet.
Ja so sehe ich das auch mit dem Klima und dem Schnee und Regen. Ich hab wie gesagt erst im März angefangen und beginne wie ein Kind die Wunder der Natur wieder neu zu entdecken nach vielen Jahren. Und ich stelle fest, dass mir die kupferfarbenen Winter auch ohne Schnee hervorragend gefallen! Aber wie das so ist: Seltene Dinge sollten, wenn möglich, mitgenommen werden. Und da ich hier in Ofenhessen in der Plasmarinne eh keinen Schnee bekomme, lohnt sich ein Ausflug in den Taunus, Odenwald oder Spessart auch in dieser Hinsicht. Es darf nur kein Schneematsch sein, da kriege ich die Krise.
--------- "In der Einsamkeit frisst der Einsame sich selbst auf, in der Vielsamkeit fressen ihn die vielen. Nun wähle." (Friedrich Nietzsche)
Was für herrliche Bilder! Schnee und Nebel, eine Wanderung wie eine Krönungsmesse! ^^ Ansonsten kann ich mich Michas Ausführungen nur anschließen. Ein solches Erlebnis ist für alle außer unseren bayerischen Freuden im Dunstkreis der Alpen ein unfassbares Wunder und ein Geschenk Gottes, das mit Geld nicht zu bezahlen ist. ich kann mich an ein ähnliches Erlebnis im Taunus erinnern, das war vor, keine Ahnung, 15-20 Jahren oder so bei einer Wanderung rund um den Glaskopf bei leichtem aber beständigem Schneefall. Diese Atmosphäre ist einmalig und nicht mit Worten kaum beschreiben. Optisch und auch akustisch wird die Welt mit Ruhe und Frieden durch den herrlichen Schnee zugedeckt, kommt vielleicht am ehesten hin. Das Erlebnis ist so sehr in die Seele eingebrannt, dass ich ich mich an fast jedes Detail erinnere obwohl es schon so lange her ist.
Im Taunus ist es ja meist das Problem, dass eine regelrechte Völkerwanderung einsetzt, sobald es mal etwas Schnee gibt. dann stellt sich halb Frankfurt hinten an und wenn man es dann durch den Stau nach oben geschafft hat, gleicht vor allem das Feldberggebiet eher der Zeil in Frankfurt an einem Samstag. Das ist natürlich unerträglich und zerstört alles.
Deshalb sind solche magischen Momente, wie du sie jetzt erlebt hast, gerade auch aufgrund der Seltenheit so kostbar und werden für immer in der Seele abgespeichert bleiben.
----------------- "I've always been mad, I know I've been mad, like the most of us...very hard to explain why you're mad, even if you're not mad..." (Pink Floyd)
Es gibt auch Gebiete im Spessart, wo sich bei Schnee einiges Volk versammelt. Man muss halt die einsamen nicht so bekannten Gegenden kennen. Und der gestrige Tag war purer Zufall. Bin ohne Erwartungen los gefahren. Aber die Erinnerung an ein Erlebnis wie du es am Glaskopf hattest kann ich gut nachvollziehen. Ich denke heute noch an die Winter 2009/2010 (da lag so viel Schnee, dass man manche Parkplätze am Waldrand nicht mehr anfahren konnte) und 2012/2013 (der bis in den März hinein dauerte). Und ich hoffe, dass die Erinnerung an gestern und die Bilder mir helfen die "dunkle" Zeit zu überstehen.
"Es gibt für den Menschen keine Freiheit, solange seine Angst vor dem Tod nicht überwunden ist." Albert Einstein
Das sind doch immer die besten Erlebnisse, wenn man ohne große Erwartungen los latscht und dann positiv überrascht wird, egal ob es sich um Schneewunder, heilige Burgen oder sonst was handelt.
Oh ja, 2010 ... Winterporno pur Ich erinnere mich noch an den 1,50 m Schneehaufen neben meiner Garage und vor allem an die herrlichen Erlebnisse im Wald und zwar vor der Haustür und nicht im hohen Taunus.
Da blöde am Taunus ist, dass es ja meisten nur ausreichend Schnee ganz oben gibt. Und da ist dann nicht mehr so viel Auswahl ^^
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Kalt- und Regenwetterforum
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05.01.2019 21:21 (zuletzt bearbeitet: 06.01.2019 21:48)
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