Zitat von Gery im Beitrag Klimaecke - 2021https://www.derstandard.at/story/2000132429819/duerre-ueberschwemmungen-schmelzende-gletscher-drei-wege-die-ueber-das-weltklima?ref=article
Ja, bis jetzt erleben wir nur die ersten zarten Auswirkungen von dem was über uns hereinbrechen wird.
Die letzten 7 Jahre waren allesamt die global wärmsten Jahre. Der Bruch kam zwischen 2014 und 2015 mit dem Super El Nino 2015/16 der nochmals eine kräftige Schippe zusätzlich zur globalen Erhitzung drauflegte. Trotz Rückkühlung der darauffolgenden Jahre mit mehrheitlich La Lina Charakter schafften es die Jahre ab 2017 nie mehr unter den Level wie vor 2014. Die globalen mittleren Temperaturunterschiede der Jahre vor 2014 und danach betragen auf den ersten Blick zwar "nur" 0.2 - 0.3 Grad aber global gesehen über einige wenige Jahre sind das Unterschiede im geologischen Zeitraffer.
Bei den mittleren Jahrestemperaturen der Punktmessungen (Messstationen) werden global immer neue Maxima-Rekorde aufgestellt. 2021 zeigt zum ersten Mal seit 20 Jahren keinen Tmin-Rekord an Messstationen gemäss WorldClimateService. Nur Tmax-Rekorde:
Am stärksten davon ist der Atlantik und die südlichen Ozeane betroffen mit nicht absehbaren gigantischen Folgen. Aktuelles Beispiel die Erwärmung des westantarktischen Meeres welches von unten das Schelfeis, welches den Thwaites-Gletscher stützt, auftaut. Bricht das Schelfeis weg droht der Gletscher abzurutschen und könnte damit den Meeresspiegel um mehr als 60 cm ansteigen lassen. Dann kommen noch weitere Feedback-Mechanismen zum Tragen: Weniger Meereis => mehr warmes Warmes => verstärkte Verdunstung => höherer Feuchtegehalt in der Athmosphäre => mehr langwellige ausgehende Strahlung vom Boden wird bei höher Luftfeuchte absorbiert und zurückgestrahlt => wärmere Bodentemperaturen und der Loop fängt wieder von vorne an.
Aber das ist nur ein Beispiel unter vielen, denn die Liste, was sich im globalen Klimasystem mit zu konservativ abgeschätzten Rückkopplungsmechanismen zu ändern beginnt, ist ellenlang. Die globale Erhitzung wird erst aufhören wenn die globalen Emissionen Netto-Null erreicht haben und lange auf diesem Temperaturniveau verbleiben (ich bezweifle jedoch dass ich eine stagnierende globale Temperatur zu meinen Lebzeiten noch miterleben werde). Theoretisch, denn je nach Niveau könnten die globalen Kipppunkte anfangen zu wirken mit verheerenden Folgen und eine Eigendynamik entwickeln welche selbst die aktuellste Generation der Klimamodelle noch nicht auf dem Schirm haben.|addpics|w6x-6v-fe84.png-invaddpicsinvv,w6x-6w-93c6.jpg-invaddpicsinvv|/addpics|
Das, was in den letzten Jahren in Sachen Hitze und Unwetter auf unserem Planeten so los war ist wirklich besorgniserregend. Leider ist das erst der Anfang. Das wird alles noch viel schlimmer werden. Insbesondere, wenn die klimatischen Kipppunkte fallen. Dann gibt es kein zurück mehr in den vorherigen Zustand. Deswegen heißen sie ja Kipppunkte.
Die Atmosphäre ist leider (oder zum Glück) auch ein sehr träges System. Die Verweildauer von CO2 liegt so bei etwa 200 Jahren. Das heißt, selbst wenn wir ab morgen kein einziges Molekül zusätzliches CO2 mehr in die Atmosphäre abladen würden, würde es ca. 200 Jahre dauern, bis wir wieder beim vorindustriellen Zustand von ca. 280 ppmv CO2 in der Atmosphäre ankommen würden. Da das ganze System so träge ist, würden wir die ersten wahrnehmbaren Änderungen erst so in ca. 50 Jahren sehen.
Das muss man sich wirklich erstmal bewusst machen: das, was in den nächsten 50 Jahren in Sachen Klimakatastrophe geschieht, können wir nicht mehr ändern! Der Zug ist abgefahren. Alles, was danach passiert haben wir noch in der Hand. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass wir die aktuellen Veränderungen weitestgehend den Aktivitäten in den 1970er- und 1980er Jahren zu verdanken haben. Das, was unsere kranke Gesellschaft aktuell macht, wird uns in Sachen Klima in ca. 40 bis 50 Jahren um die Ohren fliegen.
Dass was getan oder unterlassen wird, um Einfluss auf die Klimakatastrophe zu nehmen ist ein echtes Problem. CO2 Neutralität erreichen wäre das Optimum, aber weil sich das erst in 50 Jahren positiv bemerkbar machen könnte, ist das der heutigen Menschheit egal. Genauso egal ist es den Meisten, dass der Anstieg der CO2 Werte sich negativ in 50 Jahren auswirkt. Sie würden nur dann schnell was ändern, wenn das CO2 als lila Wolken herum wabern würde... Das was nicht sichtbar ist, wird angezweifelt. Oder man sagt, dass es Erderwärmung, Dürre und Unwetter schon immer gab. Man will sich partout mit dem Thema nicht beschäftigen, obwohl es von der Wissenschaft schon seit Jahrzehnten eindrücklich gepredigt wird. In der heutigen Zeit kann man sich darüber so gut informieren, zu jeder Tages-und Nachtzeit. Aber man will es nicht wissen, weil es zu Konsequenzen führen könnte und Veränderungen lehnt man ja ab. Zu unbequem, zu teuer für den egoistischen Bürger.
Kleiner Nachtrag : Ihr habt sicher schon von dem riesigen Vulkanausbruch auf Tonga gehört. Er soll einer der größten Ausbrüche eines Vulkans des letzten Jahrhunderts sein. Mal sehen, ob es für eine kleine Minderung der Hitze in den nächsten Monaten reichen wird. Auf www.vulkane.net gibt es ein beeindruckendes Video.
https://www.derstandard.at/story/2000132...ort?ref=article Ein neuer Hitzerekord im Westen Australiens wurde aufgestellt. Diese Entwicklung ist besorgniserregend. Den meisten Leuten sind die negativen Auswirkungen der Klimakatastrophe nach wie vor nicht bewusst. Im Gegenteil, der Klassiker: Es ist doch gut, dass es wärmer wird, dann brauchen wir im Winter weniger heizen. Wissenschaftler warnen seit Jahrzehnten davor. Das Problem dabei ist, dass bei uns eine Wissenschaftsfeindlichkeit existiert. Eine der Hauptursachen für die Wissenschaftsfeindlichkeit ist meiner Meinung nach auch in unserem Bildungssystem zu finden. Es fehlt einfach die Sensibilisierung der Gesellschaft, um sich mit dieser Thematik grundlegend zu beschäftigen. Wie Eisbär es schon geschrieben hat, wird es schwer werden, die notwendigen Klimaschutzmassnahmen der Gesellschaft schmackhaft zu machen. Wenn diese Massnahmen erst in etwa 50 Jahren so richtig greifen, dann kommt sofort die Meinung auf: Warum soll ich auf etwas verzichten, wenn ich die "Belohnung" aufgrund des Verzichtes nicht mehr erlebe?" Dass aber die nachkommenden Generationen davon profitieren und wieder eine bessere Lebensgrundlage vorfinden, dazu sind leider sehr viele Leute zu egoistisch, nach dem Motto, nach mir die Sintflut.
Hier ein sehr interessanter Artikel über die soziale Klasse von Menschen, die mit zu den Hauptverantwortlichen für die Zerstörung dieses Planeten gehören:
Das Hauptproblem, warum es so schwierig ist den Leuten klar zu machen, das wir gerade absolut in den Abgrund fahren und entsprechende Gegenmaßnahmen anzuschieben, ist zu einem gewissen Teil auch die menschliche Psyche. Wir sind im Laufe unserer Evolution nur darauf optimiert worden auf direkt vor uns stehende Bedrohungen zu reagieren. Wenn man sieht, dass ein Mammut auf einen zurennt, muss man schnell zur Seite springen. Wenn man aber weiß, dass an der Stelle, an der man gerade steht in 50 Jahren ein Mammut vorbeikommen wird, ist das aktuell völlig egal.
Das ist für mich keine Entschuldigung für das ignorante Verhalten der meisten unserer Mitmenschen, aber es ist eine Erklärung. Wir sind auf dieser Welt nach aktuellem Wissenstand die einzige Lebensform, die dank ihrer Intelligenz wählen kann, ob wir unseren momentanen Trieben nachgeben oder uns dagegen entscheiden. Also zum Beispiel, ob wir zum 100 Mal in diesem Jahr grillen müssen, oder ob wir uns, unseren Nachbarn und unserer Erde mal die Erholung gönnen, es nicht zu tun. Das können so eigentlich nur wir Menschen, aber viele unserer Mitmenschen machen von dieser Fähigkeit anscheinend nie Gebrauch. Es scheint für viele sehr unangenehm zu sein, sich mit den Konsequenzen der eigenen Handlungen zu beschäftigen. Um so mehr, wenn man zu dem Schluss kommen müsste, dass man sein eigenes Verhalten ändern muss.
Dabei haben uns die letzten etwa 300 Jahre Menschheitsgeschichte einen unschätzbaren Werkzeugkasten gegeben objektive, auf Fakten begründete, Entscheidungen zu treffen: die Wissenschaft. Die ist aktuell unsere einzige Möglichkeit aus dem Schneckenhaus unserer eigenen begrenzten Erfahrung, das viele gern den "gesunden" Menschenverstand nennen, hinaus zu schauen. Wissenschaft ist natürlich oft kompliziert, trocken und bisweilen auch langweilig, aber das ist sie aus guten Grund, sie eliminiert damit den ungesunden Menschenverstand und die Triebe. Die Wissenschaft sagt uns gnadenlos, dass, wenn wir so weitermachen, es uns allen schaden wird. Sie sagt uns auch gnadenlos, das noch wärmer nicht gut, sondern extrem schlecht ist.
Zu dem Problem kommt auch noch hinzu, dass wir Menschen Herdentiere sind. Wie haben die Fähigkeit der Empathie: wir können mit anderen Mitfühlen. Das ist prinzipiell eine positive Eigenschaft, ist aber eine Medaille mit zwei Seiten. Empathie ist wie ein Bühnenscheinwerfer: wenn man mit jemanden mitfühlt, kann man gleichzeitig mit niemandem sonst mitfühlen. Das mündet im Extremfall in der Weltsicht, wir sind wir und ihr seid ihr und ihr seid nicht so wie wir. Im weniger extremem Fall führt es zu der Ignoranz, die wir heute so oft beobachten können. Die meisten Leute erleben in ihrem Alltag, dass alles (noch) ganz Ok ist und meinen sich noch den Luxus leisten zu können auf nichts verzichten zu wollen, weil es ihnen ja (noch) gut geht.
Wer die Augen zumacht und den Zustand der Welt nicht sehen will, ist ein totaler Egoist. Es sterben Pflanzen und Tiere in einer schwindeleregenden Schnelligkeit. Aber auch Menschen sterben an der Auswirkung des Klimawandels. Die irren Kosten, die der Klimawandel heute schon verursacht, sind schon bald nicht mehr zu bezahlen. Die Versicherungen werden unter der Last bald die Segel streichen. Viele sterben wegen Hitze-es waren in den letzten Jahren jährlich schon über 20.000 hier in Deutschland. All das wird verdrängt. Wir haben uns in ein Lage gebracht, die uns ungebremst auf eine Wand zurasen lässt. Warum nur? Ich verstehe es nicht. Was nutzt ein dickes Bankkonto, wenn das Leben und die Gesundheit in Gefahr ist. Das ewige Gejammere, die Angst vor Veränderungen und das Wehren gegen teuere Energiepreise, ist so kontraproduktiv.
Diese Grafik ist einfach nur erschütternd und man müsste sie all den Vollidioten, die die Klimakatastrophe immer noch anzweifeln, links und rechts um die Ohren hauen.
LG Euer Jo|addpics|w6x-71-42f9.jpg-invaddpicsinvv|/addpics|
Ich hatte ja schon lange danach gesucht und endlich habe ich sie gefunden: Eine Graphik welche die Entwicklung der wichtigsten klimatischen Kenngrössen der letzten 2000 Jahre (links) und der letzten 200 Jahre (rechts) aus einzelnen Graphiken des aktuellsten IPCC-Berichts von August 2021 übersichtlich darstellt:
Praktisch alles auf einen Blick und wir sehen: Was nicht abnehmen sollte, nimmt dramatisch ab: Nämlich die Ausbreitung des arktischen Meereises.
Und alle Kennwerte die nicht steigen sollten gehen im Zeitraffertempo hoch: Atmosphärisches CO2, Ozeanerwärmung, Meeresspiegelniveau, globale Temperatur, Temperatur der Troposphäre, usw. Im Prinzip das Übliche. Bemerkenswert ist u.a. die Menge an Energie welche die Ozeane seit den letzten 50 Jahre gespeichert haben: 383 ZJ. Wahrscheinlich eher was zwischen 350-400 ZJ. Ein ZJ ist ein Zetta-Joule, also eine 10 mit 21 Nullen hinten dran. Würde diese von den Ozeanen absorbierte Energie schlagartig (was nie der Fall sein wird) in die Troposphäre entweichen so würde sich die Troposphäre um 35-40 °C erwärmen https://twitter.com/BuzzJohnG/status/152...9958272/photo/1). Die globale Erwärmung beträgt aktuell 1.2° Grad. Das einfach als Vergleich was die Ozeane alles an überschüssiger Energie bislang schluckten und die Atmosphäre "entlasteten". Interessant ist auch noch die ca 1000 Jahre alte Messreihe in Kyoto welche das Datum des Blühens der japanischen Kirschbäume protokolliert. Das Datum des Blühens hängt dabei eng mit der mittleren Frühlingstemperatur zusammen: Je wärmer der Frühling desto früher das Blühen. Und auch die Kirschbäume fangen im Frühling immer früher an zu blühen. Letzes Jahr blühten die Kirschbaüme übrigens so früh wie noch nie während den letzten ca 1000 Jahren (https://www.metoffice.gov.uk/about-us/pr...human-influence).
Das Bild ist düster. Die Erwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen klappt aufgrund des trägen Klimasystems und der Versäumnisse der letzten Jahrzehnte natürlich nicht mehr und weil dazu auch gigantische Mengen an CO2 mit technologischen Hilfsmitteln aus der Atmosphäre entzogen werden müssten. Somit werden diese 1.5 Grad globale Erwärmung sowieso in den nächsten ca 10-20 Jahren überschritten - egal welches Klimaszenario verwendet wird. Würde die globale Erwärmung selbst auf +2 Grad beschränkt werden können dann würde ich das als den wohl grössten Erfolg der Menschheit erachten. Trotzdem: Jedes vermiedene Zehntelgrad Erwärmung ist extrem wichtig - nicht nur für uns sondern vor allem auch für alle nachkommenden Generationen die den ganzen Mist ihrer Vorfahren aussitzen müssen.
Diese Woche kam ein Artikel zur wissenschaftlichen Einordnung der Dürreperiode 2018-2020 in Europa raus und Scinexx hat daraus freundlicherweise eine Zusammenfassung abgeliefert: https://www.scinexx.de/news/geowissen/du...ig-fuer-europa/
Man weiss es ja und man ist nicht überrascht aber trotzdem sind die Zahlen ziemlich eindrücklich:
"Die Trockenperiode von 2018 bis 2020 war in mehrfacher Hinsicht einzigartig für Europa: Keine andere Dürre betraf eine so große Fläche und hielt so lange in dieser Intensität an. Beispiellos war zudem die begleitende Hitzeanomalie: Die Temperaturen wichen um 2,8 Grad von den bei Trockenperioden der letzten 250 Jahre üblichen ab, wie Klimaforscher ermittelt haben."
Als maßgebliches Kriterium für eine Dürre galt dabei die Bodenfeuchte bis in zwei Meter Tiefe.
In der Zeit seit 1766 hat es in Europa drei extreme und besonders ausgedehnte Trockenperioden gegeben – 1857 bis 1860 (links), 1920 bis 1922 (Mitte) und 2018 bis 2020 (rechts). Die Skala zeigt dabei die mittlere Dürredauer in Monaten in den entsprechenden Gebieten
Die Dürre von 2018 bis 2020 ist jedoch in mehrerer Hinsicht außergewöhnlich:
- keine andere Trockenperiode in Europa war so ausgedehnt (36% der Landfläche von Europa), so lange anhaltend (33 Monate) und in ihrer Temperaturanomalie (+2.8 Grad) so extrem gewesen.
- die anderen beiden Dürren 1857-1860 und 1920-22 waren "kühlere" Dürren (weil es dazumals noch keinen anthropogen forcierten Klimawandel gab),
- die extreme Hitze in den Sommern 2018 bis 2020 sorgte für langanhaltende und hohe Verdunstung und die Bodenfeuchte nahm so schnell und drastisch ab wie nie zuvor. "Das 2018-bis-2020-Ereignis hat den steilsten und kontinuierlichsten Anstieg der Intensität. In nur vier Monaten erreichte die Dürre 80 Prozent ihrer maximalen Intensität, nach zehn Monaten war ein historisches Maximum erreicht."
Und die Aussichten? 2018-2020 betrug die Dürre also 36% der Landfläche Europas. Bei einem gemässigten Klimaszenario RCP4.5 wären 50% von Europa für insgesamt ca 100 Monate bis 2100 von Dürre betroffen (links), beim ungebremsten Klimaszenario RCP8.5 würde 70% von Europa für ca 200 Monate bis 2100 unter Dürre leiden (rechts) - im Durchschnitt Es geht hier natürlich nicht um absolute Zahlen sondern eher um Grössenordnungen.
Also nur schon die Ausbreitung und die summierte Dauer der prognostizierten Dürren in Europa bei unterschiedlichen Klimaszenarien zeigt schön wie wichtig jedes Zehntelgrad an zusätzlicher Erwärmung ist, das vermieden werden kann.
Nach dieser doch als denkwürdig einzustufenden Woche ein erster Rückblick auf die treibhausgasgesteigerte Hitzewalze die Westeuropa buchstäblich überrollte. War der Juli früher mal noch der klassische Hochsommermonat mit Maximaltemperaturen so auf 30 oder 31 Grad begrenzt, so kennen die Julimonate der klimatologischen Neuzeit fast keine Limite mehr und wir stossen immer weiter in unbekanntes Terrain vor.
Nach den Rekord-Hitzewellen im Mai und Juni erlebten wir nun den (hoffentlich) Höhepunkt dieses west/mitteleuropäischen Freaksommers. Trotz des Infernos geht fast vergessen dass Hitzewellen ebenfalls in anderen Weltregionen zur selben Zeit auftraten. Die gleichzeitigen Hitzewellen in den USA, Europa und China waren nämlich Teil eines aufgeschaukelten Wellenmusters der planetaren Rossbywellen. Durch das Auftreten der Double-Jets waren auch die Bedingungen für quasi-resonante Amplifikation von Hoch und Tiefs gegeben und während den letzten zwei Wochen war ein 7er Muster der Rossbywellen offiziell ausgewiesen. Damit gehen ortsfeste Positionen der Hochs und Tiefs einher so dass die Rossbywellen „stehen bleiben“ und damit ebenfalls die gesamte N-hemisphärische Zirkulation.
In der Visualisierung oben der Nord- und Südrichtung der meridionalen Höhenwinde des Jetstreams (gemittelt über mehrere Tage) sind zwar nur 5 Tröge/Hochs ersichtlich aber Rahmstorf bestätigte dass es sich um ein 7er Muster handelte welches nur mit statistischen Methoden eindeutig erkennbar ist (It’s not just a matter of counting but the best fit to a sine wave. Think Fourier analysis.)
Dass flächendeckende Rekorde Mitte Juli fallen würden wurde schon im Vorlauf von mehr als einer Woche immer wahrscheinlicher, als einzelne GFS-Member immer öfter den 40er in Südengland setzten https://simonleewx.com/2022/07/06/40c-in-the-uk/ und im Prognosebereich von einer Woche waren sich dann die Hauptläufe ziemlich sicher dass mit der bevorstehenden Spanish Plumpe ganz kranke Heissluft noch Norden geführt wird und in flächendeckenden Rekorden kulminieren wird:
Auslöser für – wie auch bereits in der Juni-Hitzewelle 2022 - war für die Juli-Hitzewelle wieder mal dieselbe meridionale Blockade-Konstellation: Ein Höhentief westlich von Spanien, und ein mächtiges Hitzehoch mit der 500hPa nahe auf 6000m Höhe über Frankreich, zapften die Gluthitze über Spanien an und führten diese verdammte Sauglut über Frankreich bis zu den Britischen Inseln. Links ist die 500hPa-Druckfläche und rechts die T850hPa (Linien) für den 19. Juli 2022 dargestellt. Die Farben zeigen nicht die absoluten Werte sondern die Standard-Abweichungen vom Mittelwert an.
Am 17./18. Juli wurde die ganz grobe Saharaglut vor allem noch westlich von Frankreich auf den Atlantik geführt was die bisherigen T850hPa-Rekorde der klimatologischen Neuzeit um schlappe +4 bis +5 Grad überfuhr. Einfach mal so weil es eben von den Druckverhältnissen grad so passte.
Im Laufe vom 18. bis 20. Juli wurde das Cut-Off Tief westlich von Spanien dann in die Frontalzone eingegliedert und zog dann langsam ostwärts und damit verlagerte sich die Gluthitze – mit leichter Abschwächung – allmählich Richtung Mitteleuropa bevor sie sich dann Richtung Osteuropa verabschiedete. Unten die Abweichungen der T850hPa von bis zu +14 bis +16 Grad für den 18. (links), den 19. (Mitte) und den 20. Juli (rechts). Fast könnte man meinen dass mit dem Wetter und dem Klima irgendetwas nicht mehr stimmt denn sowas schaut ja nicht zwingend aus wie die Sommer noch vor 10-20 Jahren...
Dieses julianische Hitzeinferno der europäischen Premiumklasse hinterliess die üblichen Kollateralschäden. Portugal erlebte die 46 Grad und im Westen Frankreichs wurden flächendeckend die 40+ erreicht (https://twitter.com/ScottDuncanWX/status/1549076203381866496) wobei im französischen Brest die 40 Grad gemessen wurden und den alten über 70 Jahre alten Rekord um ca +4 Grad im Vorbeigehen noch kurz brachial überfuhr (links). Rechts die neuen/egalisierten/knapp verfehlten Allzeitrekorde vom 18. Juli 2022:
Der Tag danach – und dazwischen die Tropennacht bis weit nach Schottland rauf - war dann der Tag an dem die Briten definitiv um eine Illusion ärmer wurden und sich dieser 19. Juli 2022 nach dem Nationaltrauma des Wembley-Tor 1966 und den zwei Wochen Sommerhitze 1976 definitiv ins kollektive Gedächtnis der Briten gebrannt wurde. Flächendeckend wurden neue Rekorde eingefahren und der Allzeit-Rekord mit 38.7 Grad vom 19. Juli 2019 in Heathrow wurde überboten (https://twitter.com/ScottDuncanWX/status/1549430398920396803). Im Südosten Englands wurde in Radiosondierungen erstmals die 25 Grad auf 850hPa gemessen (links, der rote Stern) und dann wurde der neue englische Rekord mit 40.3 Grad in Coningsby im Südosten Englands aufgestellt. Der Temperaturverlauf von Coningsby an diesem Tag ist derart surreal und scheint einem anderen geologischen Zeitalter entsprungen. Die englischen Meteorologen rieben sich nur schockiert und ungläubig die Augen und es fiel immer wieder dasselbe Wort: Unprecedented – noch nie dagewesen.
Wie grossflächig und absolut brachial die Hitzewalze das englische Königreich überfuhr zeigt alleine der Vergleich zwischen dem 19. Juli 2019 (links) – als der englische Hitzerekord aufgestellt wurde - und dem 19. Juli 2022 (rechts):
Für England war der 18. und 19. Juli 2022 eine ganz andere Nummer als noch vor drei Jahren. Selbst die tief in der britischen Erinnerung eingegrabene Hitzewelle von 1976 wurde in Intensität locker übertrumpft – allerdings nicht in der Dauer. Aber das spielt auch keine grosse Rolle mehr denn an diesen beiden Tagen brauchten die Briten nicht mehr an die spanische Costa del Sol zu reisen; die Costa del Sol suchte die Briten für zwei Tage heim – all inclusive versteht sich.
Am 20. Juli zog der Dreck dann immer mehr ostwärts und bescherte Deutschland fast flächendeckend einen Wüstentag. Zwar wurde temperaturmässig das Trauma des 25. Juli 2019 nicht ganz erreicht aber es reichte im Norden doch verbreitet für die 39+, mit einigen Rekorden wie z.B. Hamburg +40.1 oder die +40.3 in Grad in Mergentheim (links, (https://twitter.com/ThierryGooseBC/statu...801209854210048). Rechts noch die neuen/egalisierten/knapp verfehlten Allzeitrekorde vom 20. Juli 2022:
Wir haben wieder mal vorläufig historisches krankes treibhausgasgesteigertes Freakwetter miterlebt, mit Temperaturen, die jenseits jeder bisherigen natürlichen Variabilität liegen, und rein gar nichts mehr mit dem Sommerwetter von früher zu tun haben. Vor 10-15 Jahren war das noch undenkbar. Aufgrund der immer stärker steigenden globalen Temperaturzunahme werden solche Hitzevorstösse tendentiell grösser, langanhaltender und intensiver werden. Vielleicht nicht jedes Jahr aber in der Tendenz glasklar zunehmend weil eben auch die Extreme durch den anthropogen forcierten Klimawandel zunehmen werden. Wer die aktuelle Situation mitverfolgt, Augen im Kopf hat und keine realitätsverweigernden klimatischen Scheuklappen trägt, der sieht wohin der Weg führt. Da gibt es keinerlei Diskussion ob sich das zu unseren Lebzeiten «nicht irgendwie selber wieder reguliert» oder «doch nicht so schlimm kommt».
Beängstigend ist vor allem die Leichtigkeit mit der die bisherigen Rekord geplättet wurden; es handelt sich nicht mehr um marginale Unterschiede wie zu Grossvater’s Zeiten sondern diese Unterschiede sind wie Tag und Nacht. Schlussendlich sehen wir aber nur das was die Klimamodelle für die Zukunft vorhersagen aber selbst die neueste Generation der Klimamodelle hat solche geisteskranken Geopotentialverformungen wie an der NW-Pazifikküste von 2021 oder diesen Rotz von dieser Woche nicht mal richtig auf dem Schirm – und trotzdem tritt sowas brachial auf.
West/Mitteleuropa gehört während des Treibhausgashalbjahres spätestens diese Woche offiziell nicht mehr den gemässigten Breiten an.
Dieser kranke Sommer führt auch dazu, dass die Gletscher in den Alpen rapid abschmelzen. Verstärkt wird dieses Abschmelzen auch durch den Saharastaub. Dieser legt sich unter anderem auch auf die noch vorhandenen Gletscher ab. Die obere Schicht wird "dunkler", je dunkler eine Fläche ist, umso mehr erwärmt sich diese Fläche durch die Sonneneinstrahlung. Dadurch schmilzt das Eis schneller, weil weniger Sonnenlicht reflektiert wird.
Zitat von Gery im Beitrag #17Dieser kranke Sommer führt auch dazu, dass die Gletscher in den Alpen rapid abschmelzen. Verstärkt wird dieses Abschmelzen auch durch den Saharastaub. Dieser legt sich unter anderem auch auf die noch vorhandenen Gletscher ab. Die obere Schicht wird "dunkler", je dunkler eine Fläche ist, umso mehr erwärmt sich diese Fläche durch die Sonneneinstrahlung. Dadurch schmilzt das Eis schneller, weil weniger Sonnenlicht reflektiert wird.
Ja, die Gletscher leiden massiv dieses Jahr. Saharastaub mit dem Albedo-Eis-Effekt ist das eine, aber dieses Jahr war vor allem in den Alpen niederschlagsarm und zu warm, sowohl im Winter also auch im Frühling. Damit war der Gletschermassezuwachs im Winter und Frühling praktisch inexistent, und durch die Hitzewellen ging dann auch noch dieser kümmerliche Massenzuwachs flöten. Bestes Beispiel unten vom Griesgletscher im Oberwallis von diesem Jahr (rote Linie). Dieses Jahr ist die Schmelze (negative Massenbilanz) sogar noch einen Monat früher dran als 2003. Der letzte Massenzuwachs des Gletschers über ein ganzes Jahr war vor ca 40 Jahren. Trauriges Bild aber der Trend ist vermutlich für alle Alpingletscher derselbe:
Man schrieb den 5. Mai 2022 als die Sommerprognose des saisonalen ECMWF rauskam und alleine der kurze Blick auf das dunkelrot gefärbte Mitteleuropa (links) liess schon sämtliche inneren Alarmglocken schrillen und einmal leer schlucken: Frühling 2022 - mild und gnädig oder schon ein Frühsommer? (13)
Denn es war nicht weniger als die bisher heisseste Sommerprognose von ECMWF für Europa; und die Prognose sollte nicht nur recht behalten sondern den albtraumhaften Sommerverlauf sogar noch unterschätzen. M Rantanen hat die Mai-Prognose als Durchschnitt für Juni, Juli und August links nochmals dargestellt:
Die Temperaturabweichung (ich vermute T850hPa) zeigte zwischen +1 bis +2 Grad im Vergleich zur ohnehin schon zu warmen Norm 1993-2016. Rechts dann was sich dann in der bitteren Realität zu einem sadistischen treibhausgasgesteigerten Albtraum materialisierte, welcher Lichtjahre ausserhalb der natürlichen Variabilität eines Sommers vor noch 20 Jahren liegt: Abweichungen in Westeuropa von über +2 Grad, und vor allem grossflächige T-Abweichungen bis zu +2 Grad bis weit in den Norden und den Osten Europas. Schlussendlich kriegten wir nur das zu spüren was die Modelle schon länger in der Tendenz zeigten, aber nicht in dieser Intensität. Und das nach dem Dauersommer 2018 und dem Spanish Plume Jahr 2019.
Unten aufgesplittet die monatlichen Abweichungen der Temperatur auf 850hPa für Juni (links), Juli (Mitte) und August (rechts):
(c) climatereanalyzer.org
Im Juni dominierte die meridionale Grosswetterlage mit dem Cutoff-Tief westlich von Portugal und dem Hitzekeil über Mitteleuropa was immer wieder die Saharahitze nordwärts Richtung West/Mitteleuropa schaufelte; ganz zu schweigen von Südwesteuropa. Als Fussnote sei noch erwähnt dass das westliche Mittelmeer Meerestemperaturabweichungen von bis zu +6 (!) Grad erreichte. Im Juli dann wieder viel Hochdruck und heisse Südwestlagen mit dem absolut verstörenden Höhepunkt der mehrtägigen Hitzewelle um den 18./19. Juli herum welche Westeuropa in Grund und Boden plättete und die 40 Grad London und Hamburg heimsuchten. Im August immer wieder Blockade mit viel Hochdruckbrücke von den Britischen Inseln bis zum Hochdruckkern über Westrussland aber für einmal mit der grössten August-Hitze in Westrussland. Immerhin tropften im August auch mal Höhentiefs Richtung Mitteleuropa ab und brachten kurzzeitig Linderung.
In der Summe: Praktisch drei Monate Blockade mit diversen kruden und nicht enden wollenden Konstellationen von Hochdruck, und Mitteleuropa praktisch immer dabei. Fünf gröbere Hitzewellen der neuzeitlichen gröberen Art zählte wetterblog.at in seinem Rückblick auf den österreichischen Inferno-Sommer: https://www.wetterblog.at/beitraege/sommer-2022/ Einhergehend mit katastrophalen Kollateralschäden wie die wahrscheinlich grösste Dürre in Europa seit 1540 mit Ausbreitung über knapp 50% des europäischen Kontinents mit trockenen Flüssen, Feldern, Wäldern, rekordtiefen Seenpegel (Bodensee) und teilweise ausgetrockneten Seen, Waldbränden en masse, neue Hitzerekorde welche die alten westeuropäischen Rekorde vor 3 Jahren pulverisierten, neuen Plasmastunden-Rekorden usw und vor allem für die Alpengletscher einem Genickschlag gleichkommendem Albtraum: Zwar beschleunigte der Hitzesommer 2022 noch die Gletscherschmelze in einem extremen und bis anhin seit Messbeginn noch nie gesehener Geschwindigkeit aber der seit Januar 2022 viel zu warme und seit März viel zu trockene Jahresverlauf liess die Alpengletscher praktisch auch nie Gletschermasse akkumulieren. Stellvertretend für praktisch alle Alpengletscher die rote Flatline des Eismassenverlaufs: Die Gletscher erreichten in ihrer Massenbilanz schon Anfang Juli den Tiefpunkt der normalerweie im September auftritt und Stand September einen rekordtiefen Wert erreichte (was man aber erwarten konnte):
WorldClimateServices hat mal eine Rangliste erstellt wie dieser "Sommer" im Vergleich zu den letzten 31 Sommer einzuordnen ist: Das Ranking von 1 bedeutet soviel wie der kälteste Sommer seit 31 Jahren (guter Witz), das Ranking von 31 bedeutet der heisseste Sommer seit 31 Jahren. Ein Blick auf die Karte zeigt uns also dass Westeuropa wohl den zweitheissesten Sommer erlebte (nach 2003), in den dunkelroten Gebieten sogar den heissesten der letzten 31 Jahre. Im SW Deutschland war nur der Sommer 2003 heisser während den letzten 30 Jahren:
Bei den Plasmastunden sieht es ähnlich aus: In Frankreich und dem SW Deutschlands wurden die meisten Plasmastunden seit 31 Jahren gemessen (links). In einem Band von den Britischen Inseln über Deutschland, das Baltikum bis weit nach Russland rein war es einer der am windschwächsten Sommer der letzten 31 Jahre (Mitte) und es war in Deutschland der fünfte Sommer in Folge mit unterdurchschnittlicher Windstärke halt aufgrund der mittlerweile typischen langanhaltenden Sommerblockade über Mitteleuropa. Und um es vorwegzunehmen: Die Windflaute hatte nichts mit dem Aufstellen von neuen Windrädern zu tun wie man so schön in den Fakenews-Käsekanälen lesen konnte ;-) Vor allem in Deutschland war es einer der trockensten Sommer überhaupt (rechts):
Das ganze Sommerelend also in vier Bildern dargestellt und das obwohl der Nordatlantik nicht zu kalt sondern zu warm war, aber dazu gegen Ende September oder Anfang Oktober dann mehr.
Die Extreme, wie wir sie in diesem Treibhausgashalbjahr erlebt haben, werden immer stärker zulegen und Schellnhuber brachte es in diesem sehr ehrlichen Interview ( https://www.fr.de/politik/klimaforscher-..._campaign=share ) ja auch auf den Punkt: Die Erderwärmung wird im günstigsten Fall knapp oberhalb von zwei Grad gestoppt und dann in den nächsten 200 Jahren langsam, Zehntelgrad um Zehntelgrad, wieder rückgängig gemacht werden – auf hoffentlich etwa ein Grad, so wie heute. Dazu muss CO2 wieder aus der Atmosphäre entfernt werden... Die 1.5 Grad Erwärmung sind illusorisch, aber es geht nur noch darum jedes Zehntelgrad Erwärmung zu vermeiden. |addpics|w6x-ay-3e21.png-invaddpicsinvv,w6x-b0-3e39.png-invaddpicsinvv,w6x-b1-b6ff.png-invaddpicsinvv,w6x-b2-690a.png-invaddpicsinvv,w6x-b3-a576.png-invaddpicsinvv,w6x-b4-e773.png-invaddpicsinvv,w6x-b5-f7ac.png-invaddpicsinvv,w6x-b6-27c4.png-invaddpicsinvv|/addpics|